GeoERA

Gregor Goetzl, 22.Juli 2020

Der Begriff Geothermie umfasst ein weites Anwendungsgebiet in unterschiedlichen Tiefen- und Temperaturniveaus oder basierend auf unterschiedlichen Technologien zur Gewinnung von Erdwärme. Obwohl alle Arten von Geothermie ihren Ursprung im Erdinneren haben, unterscheiden sich die Technologien deutlich in ihrem Anwendungsspektrum und ihren Konzepten. In diesem Blog werden wir einen Blick auf die Begriffe „flach“ und „tiefe Geothermie“ werfen und versuchen zu erklären, wie sich diese Systeme unterscheiden und was sie gemeinsam haben.

Was haben „flache“ und „tiefe“ Geothermie gemeinsam?

Man muss bedenken, dass der terrestrische Wärmefluss allein zwischen <50 mW/ m2 und 200 mW/m2 nicht stark genug ist, um geothermische Anwendungen zu versorgen. Geothermie in all ihren Formen zu nutzen bedeutet daher, die in porösen, mit Wasser gefüllten Gesteinen des Untergrunds gespeicherte Wärme zu nutzen, die rund um das Jahr in gleicher Kapazität zur Verfügung steht. Ein nachhaltiger Umgang damit erfordert eine angemessene Planung und Ressourcenmanagement!

Beide Systeme, „shallow“ und „deep geothermal“, ermöglichen Heizung, Kühlung und unterirdische Wärmespeicherung und beziehen sich neben petrothermischer Energie (z. B. heißes Trockengestein) auf die gleichen technologischen Prinzipien zur Wärmerückgewinnung aus dem Untergrund.

Ok, und wie unterscheiden sich „flache“ und „tiefe“ Geothermie?

Abbildung 1: Überblick über die Nutzung der Umgebungswärme durch Wärmepumpen.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Terminologie: Die Begriffe „flach“ und „tief“ beziehen sich auf die Tiefe des Wärmeabsorbers, der Wärme entweder aus dem unterirdischen Wasser mit einem offenen Kreislaufsystem oder aus dem festen Boden mit einem geschlossenen Wärmetauscher gewinnen kann. Es gibt keine einheitliche Definition für „flach“ und „tief“. In den meisten Ländern ist die Tiefentrennung durch das Bergbaugesetz geregelt, das eine Genehmigung für Bohrungen erfordert (meist zwischen 100 und 400 Metern unter der Oberfläche). Das Bergbaugesetz beeinflusst den Bohrmarkt und den Tiefenbereich. Für Tiefenstufen bis rund 150 Meter existiert ein großer Markt mit niedrigen Bohrkosten, der flache Geothermie auch für Privathaushalte erschwinglich macht. Die Tiefengeothermie hingegen erfordert eine langfristige Planung und hohe Investitionen in die Bohrkosten.

Zusätzlich trennen Temperatur- und Kapazitätsbereiche „flache“ und „tiefe“ Geothermie. Flache Geothermieanlagen arbeiten auf Temperaturniveaus zwischen 0 ° C und bis zu 30 ° C, was als atmosphärische Umgebungstemperatur gilt – aus diesem Grund kann sie auch als geothermische Umgebungswärme bezeichnet werden (siehe Abbildung 1). Im Gegensatz zur direkten Nutzung der Tiefengeothermie benötigt die Flachgeothermie eine Wärmepumpe, um die Wärme zur Raumheizung aufzubereiten (indirekte thermische Energienutzung). Im Gegensatz zur tiefen Geothermie ermöglicht sie jedoch eine direkte (freie) Kühlung, was sie in städtischen Gebieten sehr attraktiv macht. Flache Geothermie bietet Kapazitäten von bis zu 5 MWth für einzelne Gebäude oder dezentrale 5G-Niedertemperatur-Heiz- und Kühlnetze. Aufgrund des höheren Temperaturniveaus zwischen 30°C und bis zu 200°C wird die Tiefengeothermie überwiegend in industriellen Prozessen und konventionellen, zentralisierten 2G- bis 4G-Wärmenetzen eingesetzt. Darüber hinaus ermöglicht die tiefe Geothermie die Stromerzeugung bei Temperaturen über 90 ° C, was sie für Kraft-Wärme-Kopplungsanwendungen attraktiv macht.

Abbildung 2: Prinzip der exergetischen Priorisierung – Das Verhältnis zwischen erforderlichem Temperaturniveau und passenden erneuerbaren Wärmequellen.

Unser Fazit – Geothermie ist ein echtes Multitalent!

Es gibt keine einheitliche und strikte Grenze zwischen „flacher“ und tiefer“ Geothermie. Beide Konzepte tragen zum Übergang zu einer zukünftigen kohlenstofffreien Energielandschaft bei. Die Auswahl der richtigen Heiz- oder Kühlquelle, auch unter Berücksichtigung anderer erneuerbarer Energien, sollte dem erforderlichen Exergieniveau Ihrer thermischen Anwendung entsprechen (siehe Abbildung 2). Daher wird eine exergetische Priorisierung der Schlüssel zum Übergang zu einer umweltfreundlichen Energieversorgung sein. Warum eine Energiequelle mit hoher Enthalpie wie Grüngas oder Biomasse für eine Nutzung mit niedriger Enthalpie wie Raumheizung verwenden?

Zusammenfassung

Charakteristik Flache Geothermie Tiefe Geothermie
Tiefenbereich Keine Bohrgenehmigung, Standardbohrbereich bis ca. 150 Meter Bohrgenehmigung erforderlich, Bohrtiefen >150 Meter bis 5.000 meter
Temperaturniveau 0 °C bis <30 °C 30 °C bis 200 °C
Thermische Kapazitäten <10 kW bis <5 MW 1 MW bis >50 MW
Stromerzeugung Keine Stromerzeugung möglich Binärkreis: 90 °C – 200 °C Direkte Nutzung: >200 °C
Kühlung Freie Kühlung Zwangskühlung (Adsorption, Absorption)
Wärmeversorgung Einzelgebäude 5G Heiz- und Kühlnetze Industriewärme 2G bis 4G Wärmenetze

Für weitere Informationen zu MUSE und Geothermie im Allgemeinen wenden Sie sich bitte an unseren Projektkoordinator:
Gregor Goetzl, [email protected]

Andere MUSE Beiträge:

  • Rechtlicher Rahmen, Verfahren und Richtlinien für die Nutzung flacher Geothermie in der EU und in den MUSE–Partnerländern
  • BBC–Artikel über MUSE-Aktivitäten in Cardiff
  • Pilotgebietsaktivitäten – #14 Bewertung flacher geothermischer Energieressourcen in der Agglomeration Warschau, Polen
  • Pilotgebietsaktivitäten – #13 Geophysikalische Vermessung und Grundwasserüberwachung in Brüssel, Belgien
  • MUSE auf der „EGU2020: Sharing Geoscience Online“ – Free online geoscience conference
  • Pilot area activities – #12 Thermische Grundwassernutzung im urbanisierten Gebiet von Zagreb, Kroatien
Post Views: 6,623

Leave a Reply

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.